3. November 2015

Luftbelastung durch Stickoxide vermindern

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

für den Ausschuss Umwelt, Energie und Sauberkeit am 03. November 2015

Stickoxide in der Atemluft stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Stadtbevölkerung dar. In vielen Großstädten, so auch in Wiesbaden, wird der von der EU vorgeschriebene und durch die 39. BImSchV in Landesrecht umgesetzte Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm/Kubikmeter im Jahresmittel regelmäßig überschritten. In Wiesbaden lagen die Werte in den letzten Jahren im Bereich der Ringkirche und der Schiersteiner Straße zwischen 55 und 60 Mikrogramm/Kubikmeter.

Die bestehenden Regelungen zur Umweltzone reichen nicht aus, um hier wirkliche Verbesserungen zu erzielen. Ursache dafür sind insbesondere praxisferne Abgasprüfverfahren, die nicht den Schadstoffausstoß im realen Fahrbetrieb abbilden. Als Folge davon fahren derzeit viele Dieselfahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzone ein, deren Stickoxid-Ausstoß viel zu hoch ist. Selbst neue Euro-6-Diesel-Pkw überschreiten nach Messungen des icct (International Council on Clean Transportation) von Oktober 2014 den Euro-6-NOx-Grenzwert um durchschnittlich das Siebenfache. Damit werden die kommunalen Bemühungen um Luftreinhaltung ad absurdum geführt.

Es ist daher erforderlich, dass auf EU-Ebene umgehend realitätstaugliche Abgastests durch Firmen, die unabhängig von den Kraftfahrzeugherstellern sind, verbindlich etabliert werden und dass die behördliche Kontrolle auf Bundesebene ebenso regelmäßig wie unabhängig erfolgt.

Andererseits muss die Stadt Wiesbaden im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans alle Möglichkeiten nutzen, die zu einer Verbesserung führen können. Neben dem für die Luftreinhaltung unumgänglichen LKW-Durchfahrtsverbot sollte die Umweltzone dahingehend weiterentwickelt werden, dass nur Fahrzeuge, die nachweislich die Euronorm 6-Grenzwerte im Fahrbetrieb einhalten, einfahren können. Diese sollten hierfür eine gesonderte blaue Plakette erhalten. Beispiel hierfür: In Baden-Württemberg wird an einer entsprechenden Regelung gearbeitet.

Zur Vermeidung akuter Gefährdungssituationen für die Gesundheit der Bevölkerung sollten auch befristete Einfahrverbote zur Anwendung kommen.

Der Ausschuss möge beschließen:

Der Magistrat wird gebeten,

1. sich über den Hessischen und Deutschen Städtetag und ggf. weitere geeignete Gremien gegenüber der Bunderegierung dafür einzusetzen, dass

a) das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), wie in den Direktiven (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008 vorgeschrieben, unabhängige stichprobenartige Nachtests für Abgase und CO2-Emission regelmäßig durchführt und die Testergebnisse veröffentlicht.

b) die Bundesregierung gegenüber den anderen EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission darauf hinwirkt, zur Ermittlung realistischer Abgaswerte den Verbrauchszyklus „Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“ (WLTP) einzuführen und durch Messungen im realen Fahrbetrieb auf Autobahnen, Landstraßen und im Innenstadtverkehr zu ergänzen (Testverfahren RDE: Real Driving Emissions).

c) die Bundesregierung auf EU-Ebene darauf hinwirkt, dass der Faktor einer zulässigen Abweichung von den Grenzwerten möglichst restriktiv festgesetzt wird und dass festgelegt wird, ab wann eine Einhaltung der Grenzwerte nachzuweisen ist.

2. bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch das Land Hessen neben der bereits durch das Stadtparlament beschlossenen Einführung eines LKW-Durchfahrtsverbots eine Weiterentwicklung der Umweltzone anzustreben. Es sollen dann nur Fahrzeuge, deren Abgaswerte im Fahrbetrieb den Euro-6-Standard erfüllen (blaue Plakette), in die Umweltzone einfahren dürfen.

3. zu berichten, ob es nach derzeitiger Rechtslage möglich ist, bei kurzzeitigen Grenzwertüberschreitungen unmittelbar Fahrverbote oder sonstige einschränkende Maßnahmen anzuordnen, um akute gesundheitliche Gefährdungen für die Bevölkerung auszuschließen.