11. Juli 2013

GRÜNEN-Spitzen sprechen mit OB Gerich und formulieren Erwartungen an Amtszeit

Die Spitzen von Kreisvorstand und Stadtverordnetenfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Wiesbaden sind am Dienstag zu einem Gespräch mit dem neuen Oberbürgermeister Sven Gerich zusammengekommen, um ihm persönlich zum Amtsantritt zu gratulieren und um ihm ihre Erwartungen an seine Politik zu überbringen.

„Ohne die Grüne Unterstützung wäre Sven Gerich im März nicht zum Oberbürgermeister gewählt worden. Viele tausend grün eingestellte Wählerinnen und Wähler haben ihm damals ihr Vertrauen geschenkt. Wir sehen es deshalb als unsere Aufgabe, die tatsächliche Umsetzung seiner Wahlversprechen aufmerksam zu überprüfen. Wir wünschen Sven Gerich, dass er es schafft, ein starker und standhafter OB zu sein. Der OB aller Wiesbadener kann er nur sein, wenn er es schafft, sich von der schwarz-roten Koalition ein Stück zu lösen und ein eigenes Profil zu entwickeln“, sagte Kreisvorstandssprecher Daniel Herwig.

Auf Basis von Gerichs Ankündigungen im Wahlkampf und zu seinem Amtsantritt haben die Grünen 7 Punkte formuliert, anhand derer sie seine Politik in den kommenden Jahren messen und bewerten wollen.

1. Starker und standhafter OB: „Wir wünschen uns einen OB, der nicht nur mitschwimmt und abtaucht, sobald am Horizont ein paar dunkle Wölkchen auftauchen, sondern der klar und offensiv Position bezieht. Ob beim Einsatz für die Energiewende oder gegen Nazi-Demos erwarten wir von ihm Stärke und Standhaftigkeit. Wir wissen, dass Sven Gerich dazu in der Lage ist“, so Herwig. Dazu gehört für die Grünen auch, dass Gerich die Interessen der Wiesbadener Bürger gegenüber der US-Army entschiedener und offensiver vertritt als sein Vorgänger, sei es beim Thema Fluglärm oder bei allen großen Bauprojekten.

2. Innerstädtische Demokratie und Transparenz: „Sven Gerich hat einen neuen Politikstil angekündigt – wir nehmen ihn beim Wort. Umfragen ohne Informationen für die Befragten oder reine Marketing-Gags wie beim Neubau der Rhein-Main-Hallen sind kein Ersatz für echte Bürgerbeteiligung“, so die Grüne Fraktionsvorsitzende Christiane Hinninger. „In diesem Zusammenhang erinnern wir Herrn Gerich auch an sein Versprechen, wegen der geplanten Rodung des Rathenau-Biotops in Kastel einen Runden Tisch einzuberufen.“

3. Aufbrechen des „Konzerns Stadt“: „Sven Gerich muss sein Wahlversprechen einlösen, dass die städtischen Gesellschaften kein Eigenleben mehr führen. Die Kontrolle muss wieder den demokratisch gewählten Stadtverordneten übertragen werden“, erwartet Hinninger. Die jüngste schwarz-rote Zustimmung zum Beteiligungskodex wertet sie als ein erstes Signal in die richtige Richtung. Zudem müssten Geschäftsführungen öffentlich und transparent ausgeschrieben werden; nicht das Parteibuch dürfe entscheiden, sondern allein die Kompetenz.

4. Energiewende als Chefsache: „Wir erwarten, dass Gerich die Energiewende vor Ort zur Chefsache macht und sich persönlich für die Windenergienutzung auf Wiesbadener Stadtgebiet stark macht“, so Hinninger. „Wir alle wollen keine Atom- und Kohlekraft mehr, also müssen Alternativen her. Wiesbaden – und damit auch sein Oberbürgermeister – sind hier in der Pflicht, endlich vorwärts zu kommen.“

5. Moderne Verkehrspolitik: „Wiesbaden erstickt im Verkehr. Viele Lösungen kosten Geld, andere eher Überzeugungskraft. Für die Verkehrswende wird Straßenraum dem Autoverkehr entnommen und dem Bus-, Fahrrad- und Fußverkehr zugeführt werden müssen. Hier setzen wir auf die Stärken des Oberbürgermeisters, Menschen zu überzeugen und mitzunehmen“, kündigt Herwig an.

6. Bildung und Betreuung: „Vom neuen OB erhoffen wir uns – und viele Eltern mit uns – dass endlich die maroden Wiesbadener Schulen saniert werden“, sagte Hinninger. „Die Reihenfolge muss sich dabei einzig und allein nach der Prioritätenliste richten und nicht nach der Laune der Schuldezernentin.“ Außerdem solle sich Gerich offensiv dafür einsetzen, dass es ab 2014/15 endlich auch in Wiesbaden ein bedarfsgerechtes G9-Angebot gibt.

7. Bezahlbarer Wohnraum: Im OB-Wahlkampf hat Gerich die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum versprochen – das begrüßen die Wiesbadener Grünen. „Wir werden dabei aber nicht zulassen, dass Bezahlbarkeit und Energieeffizienz gegeneinander ausgespielt werden. Das wäre kurzsichtig, weil eine schlechte Energiebilanz später die Nebenkosten für die Mieter hochjagt“, so Herwig. Zudem müsse der Anteil der geförderten Wohnungen von derzeit 15 Prozent deutlich steigen. „München mit einem SPD-Oberbürgermeister schafft 30 Prozent, das sollte auch bei uns möglich sein.“

Die Grünen lobten die Gesprächsatmosphäre als „offen, freundlich und konstruktiv“. „Wichtig ist, dass den Worten jetzt auch Taten folgen“, so Hinninger und Herwig. Der Dialog soll in jedem Fall fortgeführt werden.