15. März 2018

Rede von Konstanze Küpper „Gesundheitsstandort Wiesbaden“, in der Stadtverordnetenversammlung am 15. März 2018

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren,

leider geraten die HSK immer wieder in die Schlagzeilen. Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass hier nicht endlich Ruhe einkehrt. Bereits mehrfach haben wir uns in den Ausschüssen und auch hier im Stadtparlament damit befasst. Alle hier im Hause wissen, dass wir Grüne dagegen waren, städtische Anteile der HSK und zudem noch das sog. operative Geschäft an Rhön und später an Helios abzugeben. Nein, wir sind nicht froh darüber, dass wir die Folgen offenbar richtig eingeschätzt haben. Und ja, müssen nach vorn schauen und gemeinsam nach Lösungen suchen, soweit uns das überhaupt möglich ist.

Denn Fakt ist auch, dass wir auf kommunaler Ebene die Engpässe und Personalprobleme in Kliniken nicht zu verantworten haben. Wir haben keinen Einfluss darauf, dass private Klinikbetreiber Renditeziele erreichen wollen, deswegen Personal abbauen, Kliniken gekauft und verkauft werden, Leistung verdichtet wird, bis die Mitarbeiter nicht mehr können.

Für uns auch nicht lösbar ist das Kernproblem: die durchgängige Kommerzialisierung des Gesundheitswesens, die den Menschen und seine Gesundheit als Ware ansieht. Die Extreme sehen wir auf allen Ebenen: Im ambulanten Bereich haben wir ein Vergütungssystem der Ärzte und Krankenkassen und beim DRG-System in den Kliniken, die auf Effizienz und kurze Behandlungszeiten ausgerichtet sind.

Und auf der anderen Seite scheinen die Bürgerinnen und Bürger oft zunehmend überfordert: Stress, Überarbeitung, finanzielle Sorgen und Zeitnot schwächen das Immunsystem, belasten die Psyche. Verbunden mit einer ungesunden Lebensweise, Alkohol, Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht führt das alles zu einem unaufhörlichen Strom an Menschen in die Praxen und Kliniken. Und das verstärkt die schon erwähnten Probleme dort.

Uns hier auf kommunaler Ebene bleibt bei dieser Gemengelage nur wenig Handlungsspielraum.

Einen sehr wichtigen Player in diesem System sollten wir dabei besonders beachten: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Sie spielt in der Umsetzung der sog. Bedarfsplanung, d.h. der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten zur ambulanten Versorgung, der Gründung von Praxiskooperationen und vor allem in der Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes eine ganz entscheidende Rolle. Und sie organisiert die Terminservice-Stelle, die Termine zu Fachärzten und psychotherapeutischer Erstberatung koordinieren soll. Mit ihr muss darüber gesprochen werden, wie Patienten schneller und passgenauer die richtige Versorgung finden.

Und da gibt es Ansatzpunkte:

Wir können noch viel besser über die 116117-Telefonnummer des ärztlichen Notdienstes aufklären, die bei  der Bevölkerung nach wie vor nicht so bekannt ist.

Die Telefonzentralen der 112 und der 116117 haben eine wichtige Schlüsselstelle. Heute muss sich ein Mensch entscheiden: wähle ich die 112 oder wähle ich die 116117, weil ich Schmerzen in der linken Brust habe? Hier wäre eine engere Zusammenarbeit angesagt. Aus der Schweiz liegen Erfahrungen vor, dass ca. 30 % bereits durch den telefonischen Kontakt mit der Zentrale die Hilfe erhalten, die sie benötigen.

Ein relativ neues Thema: Sog. Portalpraxen steuern welche Patienten als Notfall stationär behandelt müssen und welche in der ambulanten Praxis versorgt werden können. Die Patienten werden über eine erfahrene, qualifizierte Pflegekraft in die jeweils richtige Versorgung geleitet. Hier hat die KV seit dem Krankenhausstrukturgesetz eine neue Möglichkeit, eine organisatorische Verknüpfung zu Kliniken herzustellen und erprobt das Modell derzeit am Klinikum Hoechst.

Und nicht zuletzt und sehr wichtig: Wir brauchen die KV – nicht nur, aber auch – um das Problem der hausärztlichen Versorgung in manchen Teilen Wiesbadens zu verbessern.

Das alles wird nicht einfach, aber wie Herbert Achternbusch in seinem Film sagte: „Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie.“ Ich hoffe, dass unser Antrag dazu beiträgt.

Herzlichen Dank!