Biodiversität auf städtischen Landwirtschaftsflächen
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
für den Ausschuss Umwelt, Energie und Sauberkeit am 18. Juni 2013
Neben dem Klimawandel ist der Rückgang der Artenvielfalt ein weltweit bedrohliches Umweltproblem. Die biologische Vielfalt ist existenzielle Grundlage auch für menschliches Leben, der Verlust an genetischer Vielfalt birgt unabsehbare Risiken für die Ernährung und Gesundheit kommender Generationen.
Einst entstand nicht nur in Wiesbaden durch vielfältige und kleinräumige bäuerliche Nutzung eine artenreiche Kulturlandschaft. Und auch heute kann nur mit Hilfe der Landwirtschaft zumindest ein Rest dieser einstigen Vielfalt erhalten werden. Der Erhalt von typischen Tier- und Pflanzenarten der Kulturlandschaft dient nicht zuletzt der Landwirtschaft selbst – Artenvielfalt sichert die genetischen Ressourcen für die Nutzpflanzenzucht, die Bestäubung von Nahrungspflanzen, die natürliche Regulierung von Schadinsekten und eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit.
Kommunen können als Eigentümerinnen landwirtschaftlicher Flächen Pachtverträge entsprechend ausgestalten und damit ihrer lokalen Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt gerecht werden. Die Stadt Frankfurt hat das im vergangenen Jahr mit der Einführung einer „Biodiversitätsklausel“ getan, die den Landwirten verschiedene Maßnahmen wie z. B. die Anlage von Blühflächen oder Ackerschonstreifen oder die Neuanlage von Extensiv-Grünland zur Auswahl stellt. Die Stadt Wiesbaden soll ein Konzept mit vergleichbarer Zielsetzung entwickeln.
Der Ausschuss möge beschließen:
1. Der Magistrat wird gebeten,
durch die zuständige Fachverwaltung im Amt für Grünflächen, Landwirtschaft und Forsten und unter Beteiligung des Liegenschaftsamtes und des Umweltamtes ein Konzept zur Förderung der Biodiversität auf städtischen Landwirtschaftsflächen zu erarbeiten. Wesentliche Bestandteile eines solchen Konzeptes sind:
a. Bei Neuabschluss oder Verlängerung von Pachtverträgen zu landwirtschaftlichen Flächen der Landeshautstadt Wiesbaden wird eine ökologische Aufwertung durch die vertragliche Vereinbarung geeigneter Maßnahmen angestrebt. Entsprechende Verhandlungen sind zunächst mit dem bisherigen Pächter zu führen.
b. Städtische Agrarflächen werden bevorzugt an Pächter vergeben, die zur Umsetzung von Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung bereit sind.
c. Geeignete Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung sind insbesondere:
- Die Umstellung auf Ökolandbau nach EU-Rechtsvorschrift bzw. Richtlinien der anerkannten Öko-Anbauverbände.
- Die Anlage von Blühstreifen, Ackerschonstreifen oder Feldrainen auf Ackerflächen. Diese Maßnahmenflächen sind auf mindestens 3 % der Fläche anzulegen und nach guter fachlicher Praxis zu pflegen. Sie dürfen weder gedüngt noch mit Pestiziden behandelt werden.
- Die Anlage von Grünlandbrachestreifen auf städtischen Grünlandflächen (mit Ausnahme von bereits extensiv gepflegten Grünländern).
Diese Maßnahmenflächen sind auf mindestens 5 % der Fläche anzulegen. Sie werden alle zwei Jahre gemäht (inkl. Mähgutbeseitigung) und dürfen weder gedüngt noch mit Pestiziden behandelt werden.
d. Der Einsatz von Breitbandherbiziden wie z.B. Glyphosat ist auf städtischen Flächen grundsätzlich untersagt.
2. Der Magistrat wird desweiteren gebeten,
a. zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine finanzielle Förderung der oben genannten Maßnahmen einer besonders umweltgerechten Landwirtschaft über das Hessische integrierte Agrar-Umweltprogramm (HIAP) möglich ist, wenn die Maßnahmen Bestandteil der kommunalen Pachtverträge sind.
b. zu prüfen, ob und in welcher Größenordnung der Pachtzins seitens der Stadt Wiesbaden verringert werden kann, wenn keine Fördermöglichkeit über das HIAP besteht.