27. Juni 2019

Kommunalen Klimaschutz wirksam vorantreiben

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Linke & Piraten zum Tagesordnungspunkt „Klimanotstand“ der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 27. Juni 2019 

Die Umsetzung der Klimaschutzziele von Paris sowie die Bekämpfung der Klimakrisenfolgen auf kommunaler Ebene erfordert Strukturen und Prozesse, die die Akteure auf die Erfüllung der Klimaschutzziele verpflichten, die entsprechenden Ziele auf allen Ebenen definieren, Umsetzungs- und Maßnahmenpakete erarbeiten und für ein kontinuierliches Controlling sorgen. Diese Steuerung muss als zentrale Zukunftsaufgabe an der Spitze der Stadt  angesiedelt sein und den Gesamtkonzern Stadt umfassen.  Das Integrierte Klimaschutzkonzept bietet dafür bereits eine gute Arbeitsgrundlage. Auch schon bestehende organisatorische Strukturen wie die Klimaschutzmanagerin, der Klimaschutzbeirat, die Klimaschutzagentur sowie das Energiemanagement im Hochbauamt sind Bausteine, die im Klimaschutzmanagement der Stadt eine wichtige Rolle spielen werden. Zugleich werden aber alle Akteure (städtische wie private) in dieser Stadt in die Verantwortung für den Klimaschutz eingebunden – je nach ihrem Beitrag, den sie zum Klimaschutz leisten können.  Die wirksame Umsetzung einer Klimaschutzstrategie bedeutet eine enorme Herausforderung für die Geschäftsleitungen der städtischen Beteiligungen und erfordert eine Selbstverpflichtung der Privatwirtschaft. In diesem Sinne übernimmt die Stadt nicht nur ihre Vorbildfunktion, sondern handelt aktiv als Planerin, Eigentümerin, Versorgerin und öffentliche Auftraggeberin konsequent für den Klimaschutz.

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

I. Zentrale Handlungsfelder für den kommunalen Klimaschutz sind unter anderem:

a) Die klimafreundliche Bauleitplanung

Hierbei sind u.a. zu berücksichtigen: 

  • Planungsbegleitende Energie-/Klimaschutzkonzepte 
  • CO2-Neutralität 
  • Energetische Standards oberhalb der gesetzlichen Vorgaben 
  • Energetische Auslobungskriterien in städtebaulichen Wettbewerben 
  • Photovoltaikanlagen in Kombination mit Gründächern
  • Wärmeerzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien

b)  Die energetische Sanierung des Gebäudebestands der LHW und der städtischen Gesellschaften

Hierbei sind u.a. zu berücksichtigen: 

  • Erstellung eines Sanierungsfahrplans mit der Zielsetzung einer jährlichen Sanierungsquote von mindestens 2 Prozent
  • Sanierung auf mindestens KfW 55 Standard

c) Die Energieversorgung

Hierbei sind u.a. zu berücksichtigen: 

  • Erstellung einer Energieleitplanung für das gesamte Stadtgebiet 
  • Nutzung Erneuerbarer Energien zur Strom- und Wärmeerzeugung  
  • Verzicht auf Gasnetze zugunsten klimaneutraler Wärmenetze bei Neubaugebieten
  • Bezug von Ökostrom in Gebäuden der LHW und der städtischen Gesellschaften

d)  Die Mobilität

Hierbei sind u.a. zu berücksichtigen: 

  • Ein Mobilitätsmanagement unter Einbeziehung von ÖPNV, Elekromobilität, Car-Sharing, Fahrrad, ÖPNV 
  • Umsetzung und Fortschreibung der im Luftreinhalteplan und im Green City Masterplan enthaltenen Maßnahmen

e) Die Förderung von Bewußtsein, Engagement und Beteiligung der Stadtgesellschaft und ihrer Akteure aus Industrie, Gewerbe und Handel für den Klimaschutz

II. Der Magistrat wird gebeten,

bis zum Ende des 1. Quartals 2020 die konzeptionellen Grundlagen für ein Klimaschutzmanagement zu erarbeiten und dabei folgende Elemente einzubeziehen:

a) Konkrete, zeitlich in Zwischenschritte gegliederte Klimaschutzziele gemessen an Treibhausgasminderung und/oder Ausbau Erneuerbarer Energien für alle klimarelevanten Sektoren sowohl für die direkt dem städtischen Einfluss unterliegenden Organisationen oder Gesellschaften wie auch für private oder gewerbliche Akteure.
b) Berücksichtigung der zukünftig zu erwartenden CO2-Besteuerung bei allen langfristig wirkenden klimarelevanten Prozessen und Projekten.
c) Geeignete Kriterien zur Erfassung der Fortschritte beim Klimaschutz sowie ein auf die einzelnen Sektoren abgestimmtes Klimaschutzcontrolling als wirksames Steuerungsinstrument.
d) Bestandsaufnahme bei der Stadt und ihrer Gesellschaften hinsichtlich klimarelevanter Projekte und Prozesse. Dazu gehören: 

  • die von ihnen insgesamt verantworteten Treibhausgasemissionen, 
  • die ihnen grundsätzlich möglichen Maßnahmen zur Emissionsreduktion, Kompensation sowie Produktion und Nutzung Erneuerbarer Energien,  der zeitliche Horizont für die Durchführung der Maßnahmen,  die Kosten der Maßnahmen und  die aus den jeweiligen Maßnahmen erwarteten Effekte für die Klimabilanz.

Ab 2020 berichten die städtischen Beteiligungen in diese Sinne regelmäßig über ihre Fortschritte im Klimaschutz.
e) Einrichtung und finanzielle Ausstattung eines Fonds, aus dem das Klimaschutzmanagement finanziert wird und in den die durch Klimaschutzmaßnahmen eingesparten Gelder einfließen.
f) Vorbereitungen für die notwendigen rechtlichen und organisatorischen Implementierungsschritte. So sind der Klimaschutzvorbehalt sowie die Klimaschutzziele im Beteiligungskodex, den Gesellschaftsverträgen und Satzungen, den Anstellungsverträgen sowie Zielvereinbarungen mit den Geschäftsführern und Vorständen zu verankern und positiv wie negativ zu sanktionieren. Mindestens die Hälfte der leistungsabhängigen Bezüge soll an das Erreichen der Klimaschutzziele gebunden werden.

III. Der Magistrat wird gebeten,

ergänzend zu den Förderprogrammen von EU, Bund und Land einen kommunalen Klimaschutzfonds zur Förderung von Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsprojekten einzurichten.