29. November 2013

Bewertung der sportpolitischen Arbeit der großen Koalition

Die Sportpolitik in Wiesbaden bietet wenig Anlass zu politischem Dissens. Die Stadt profitiert von vernünftigen Weichenstellungen in der Vergangenheit. Die Sportstätteninfrastruktur ist der Größe Wiesbadens angemessen und die Vereinsarbeit ist sehr aktiv und erfolgreich, inklusive ihrer übergeordneten Arbeits- und Verwaltungszusammenschlüsse.

Von einer Sportstadt – wie von der großen Koalition manchmal kolportiert – ist Wiesbaden aber weit entfernt! Es fehlen die Initiativen, um wirkliche Veränderungen zu erreichen. Dafür müssten entsprechende Mittel zugesetzt werden und andere Hilfen gegeben, um Breiten-, Leistungs- und Profisport sinnvoll zu vernetzen und Infrastruktur zu stellen.

In jüngster Zeit begnügt sich die große Koalition mit Maßnahmen, die wenig bis kein Geld kosten. Es wird nicht das Beste angestrebt, sondern das (gesetzlich) Notwendige  beschlossen.

Besonders unrühmlich sind die nicht erfolgten Beschlüsse zu einer Prüfung der Umweltverträglichkeit der angedachten Mountainbikestrecke im Stadtwald. Wie soll eine Vorortoptimierung allen Anspruchsgruppen gerecht werden, wenn man sich nicht im Detail informiert?

Noch ärgerlicher war die Debatte um die Einhaltung von Dioxinwerten auf den verbliebenen Rotgrantplätzen. Statt einfach neuerlich zu messen, wurde zuerst auf Zahlen abgestellt, die auf einer nicht vorlegbaren Liste beruhten mit uralten Grenzwerten, die zwar rechtlich die verbindliche Größe darstellen, aber nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen vollkommen überholt und zu niedrig sind. Nur dem Aufbegehren der Opposition und der Aufgeschlossenheit von Herrn Pfeiffer (CDU) war es zu verdanken, dass sich der Magistrat der Sache wenigstens halbherzig angenommen hat.

Besonders schlimm wird es immer dann, wenn der Magistrat in die professionellen Strukturen des Sportamtes oder in den sportpolitischen Willensbildungsprozess durch eigene, ihm nicht zustehende, politische Aktionen eingreift. Gutes Beispiel dafür ist, dass das Sportamt neue Anforderungen bekommt, aber die notwendigen Anpassungen nicht vollzogen werden.

Schlimm war schon die Art und Weise, wie versucht wurde, den neuen Sportentwicklungsplan einseitig aufzustellen. Parteiübergreifende Kraftanstrengungen waren notwendig, um überhaupt noch vollständig und im Detail Aussagen zu machen und Handlungsempfehlungen zu geben. Katastrophal war aber die Performance rund um die Abwicklung der Bedürfnisse der Eissportvereine in Wiesbaden.

Hatte der alte Oberbürgermeister noch in der seinerzeit üblichen Art und Weise, alleine und intransparent, die Geschicke nach seinen Vorstellungen versucht zu gestalten, dabei beispielsweise einen einseitigen und viel zu kurzgegriffenen Sportentwicklungsplan durchzudrücken versucht, oder die Eissportvereine beschwichtigt , aber hängen gelassen, so war mit dem Einzug des neuen Oberbürgermeisters ins Rathaus, viel Hoffnung auch im sportpolitischen Bereich eingezogen.

Diese Hoffnungen haben sich bisher nicht erfüllt. Unser Antrag auf eine gründliche Berichterstattung für die Haushaltsberatungen zu den Fehlbelegungszeiten Wiesbadener Sporthallen blieb genauso aus, wie die Einrichtung der im Ausschuss beschlossenen Arbeitsgruppen „dem Eissport in Wiesbaden eine gute Zukunft zu ermöglichen“. Eine Farce wird daraus, wenn man bedenkt, dass statt ergebnisoffen alle Für und Wider zu diskutieren, Schnellschuss-Entscheidungen Dinge unmöglich, bzw. schwerer machen. Beispiele sind der Beschluss, die Fläche rund um die Henkell-Kunsteisbahn zu bebauen oder die Bau- und Sanierungsmaßnahmen in den östlichen Vororten, die Mittel im Haushalt binden und nun möglicherweise in den Innenstadtbereichen fehlen. Faire transparente Politik sieht anders aus.

Der neue Sportentwicklungsplan versucht, sich neben der begrüßenswerten besonderen Förderung der fördernotwendigen Gruppen (z.B. Personen mit Handicap, Senior/innen, Migrant/innen, Erkrankte), auch der Problematik der veränderten Rahmenbedingungen für Vereine anzunehmen. Große Herausforderungen ergeben sich aus dem Umstand, dass immer weniger Menschen bereit sind, ehrenamtlich dauerhaft ein Mandat für einen Verein auszuüben. Gleichzeitig liegt eine relativ heterogene Vereinslandschaft im Sport vor. Beides muss zu einem Umdenken führen, wie Vereinsarbeit in Zukunft zu realisieren ist. Sowohl Zusammenschlüsse, bzw. Kooperationen von Vereinen, wie auch verstärkt hauptamtliche Strukturen, werden in der Zukunft immer häufiger notwendig werden. Bei den notwendigen Anpassungsprozessen dürfen die Vereine nicht alleine gelassen werden. Die Stadt ist in der Pflicht, möchte sie in der Zukunft nicht riskieren mit einem schlechteren Sportangebot mit all den Konsequenzen für die Stadt dazustehen.

Die durch den neuen Sportentwicklungsplan aufgekeimte Hoffnung, endlich die Vereinswelt für die in Zukunft veränderten Rahmenbedingungen zu ertüchtigen und sie mit ausreichenden Mitteln, bzw. Personal, auszustatten, hat sich dadurch, dass unser Antrag, dem Haushalt 50.000 Euro möglichst als Personaltitel zuzusetzen, abgelehnt wurde, zerschlagen.

Es fällt noch leicht, die Vorgaben eines genehmigungsfähigen Haushalts vorzuschieben, um die Personalstellen abzulehnen. Da die Koalition jedoch auch die im Haushaltsberatungsprozess geäußerte Idee, die Mittel wenigstens projektbezogen einzustellen, abgelehnt hat, vermisse ich den Willen dem beschlossenen Sportentwicklungsplan Leben zu verleihen.

Es bleibt also an den Stadtverordneten hängen, Vorschläge zu machen, um wenigstens ein paar Veränderungen zu bewirken, statt konzertiert die Zukunftsausrichtung des Sports in Wiesbaden anzustreben. Wir können die nächsten zwei Jahre bis zum nächsten Doppelhaushalt nur hoffen, dass beispielsweise durch Stellenumbesetzungen innerhalb des Stadtkonzerns, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sportamtes sich auf die neuen Herausforderungen des Sportentwicklungsplans besinnen können.