6. April 2020

Fragwürdiges Verfahren bei Befreiung für Müllheizkraftwerk

Grüne Fraktion kritisiert gemeindliches Einvernehmen und fordert angesichts der Corona-Pandemie Verschiebung der Offenlage 

„Die Grüne Fraktion ist nicht mit der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zum Bau des Müllheizkraftwerks (MHKW) in Wiesbaden einverstanden und hat daher im Planungsausschuss am 17. März dagegen gestimmt“, erklärt Konny Küpper, klimapolitische Sprecherin der Grünen Fraktion im Rathaus. „Die erhebliche Abweichung vom geltenden Bebauungsplan, dessen Vorgaben zur maximalen Gebäudehöhe von 20 Metern vom geplanten 45 Meter hohen MHKW-Kesselhaus deutlich überschritten werden, hätte durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit allen dafür erforderlichen Verfahrensschritten abgearbeitet gehört. So wurde das damals schließlich auch für das direkt benachbarte Biomasseheizkraftwerk gehandhabt. Wir Grüne haben bereits im Oktober 2018 mit einer schriftlichen Anfrage an den Magistrat auf diese Problematik hingewiesen, ohne dass Stadtentwicklungsdezernent Kessler daraus den Handlungsbedarf für eine frühzeitige Klärung in einem ordentlichen Verfahren abgeleitet hat.“ Leider hat eine Mehrheit jenseits der Kooperation – ohne die GRÜNEN – die Sitzungsvorlage zum gemeindlichen Einvernehmen allein auf Basis einer Absichtserklärung des Vorhabenträgers zur optimierten Fassadengestaltung durchgewunken.

„Einmal mehr“, so Küpper weiter, „ist damit eine wichtige Entscheidung zu diesem bedeutsamen und strittigen Vorhaben ohne die erforderliche Transparenz und öffentliche Debatte getroffen worden. Offenbar gibt es keine Bereitschaft, aus der Kritik des Innenministeriums am Vergabeverfahren im Jahr 2019 die richtigen Konsequenzen zu ziehen.“

„An die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens schließt sich nun eine Offenlage der Genehmigungsunterlagen durch das Regierungspräsidium Darmstadt an, die nicht bürgerfreundlich ist“, so Küpper weiter. Die Terminierung in den Osterferien in Kombination mit den Vorgaben zur Eindämmung der Corona-Pandemie schränke de facto die gesetzlich vorgesehene Beteiligung ein, obwohl die Auslage solcher Pläne gerade das Ziel habe, Bürgerinnen und Bürger zur umfassenden Beteiligung ohne faktische und psychologische Hemmschwellen anzuregen. Dieser Anspruch sei mit der aktuellen Situation aber schlicht nicht vereinbar. Behindert werde auch die juristische Unterstützung von potenziellen Einwender*innen, so können sich z.B. zwei Personen derzeit nicht einmal von einem Rechtsanwalt bei der Einsichtnahme in die Unterlagen begleiten lassen.

„Wir fordern daher das Regierungspräsidium auf, hier unverzüglich eine der Situation angemessene Lösung zu finden, auch wenn das eine Verschiebung der Offenlage bedeutet. Für Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat das Wirtschaftsministerium aktuell Hinweise veröffentlicht, nach denen Gemeinden begonnene Offenlagen unterbrechen und neu beginnen können. Das sollte auch für dieses vom RPDA geführte Verfahren ermöglicht werden“, so Küpper abschließend.