19. November 2015

Kulturfonds Wiesbaden – Einrichtung eines Kulturfonds zur Finanzierung der Kultur

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herrren,

 

 

mit der Auftaktveranstaltung zum Kulturentwicklungsplan haben uns 3 Experten über ihre Erfahrungen im Initiieren eines KEP sehr anschaulich berichtet.

Nach dem Hearing wissen wir: Es gibt verschiedene Wege, einen Kulturentwicklungsplan anzugehen. In allem Formen ist es jedoch wichtig, auf größtmögliche Beteiligung aller Stakeholder, insbesondere der Wirtschaft und Kulturschaffenden zu setzen.

 

Nach diesem äußerst motivierenden Treffen hat der Ausschuss für Schule und Kultur am 25.6.2015 beschlossen, noch dieses Jahr ein Konzept für die Umsetzung eines Kulturentwicklungsplans für Wiesbaden vorzulegen und die „zu beteiligenden Gruppen aus Kultur und Bürgerschaft darzustellen“. Wir sehen; Die Stadt Wiesbaden hat sich offen dazu bekannt, diesen Schritt in die richtige Richtung zu gehen.

 

Denn wir Grüne waren es, die das Thema in den politischen Diskurs einbrachten. Die Notwendigkeit eines langfristigen Konzeptes für eine brauchbare Kulturpolitik befindet sich im Anfangsstadium und daher ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt gekommen um gemeinsam über die Finanzierung und Beteiligung der Kultur in Wiesbaden hier zu sprechen.

 

Oder lassen sie es mich anders sagen:

 

Gerade die in den letzten Tagen stattgefundenen Haushaltsberatungen haben gezeigt, dass wir über weitere Instrumente jenseits des städtischen Haushaltes nachdenken müssen, um die Kultur unserer Stadt zu stärken, zu unterstützen und weiter voranzubringen.

 

Habe ich eben Haushaltsberatungen gesagt? Wenn wir ehrlich sind, haben wir weniger gemeinsam beraten, als dass sie, werte Kollegen der KOA, ihre Anträge allesamt durchgezogen haben und die Anträge der Opposition, und waren sie noch so gut begründet unisono abgelehnt haben.

 

Arroganz der Macht nennt man das landläufig und ich habe für jede Bürgerin und jeden Bürger da draußen Verständnis, die und der sich frustriert von der Tagespolitik der Kommune abwenden.

 

Oder wie wollen Sie vermitteln, dass Sie die Notwendigkeit der Förderung – und zwar im niedrigen 5 stelligen Bereich – nicht anerkennen.

 

Obwohl auch Sie ganz genau um die Situation wissen.

Sie haben auch die vollkommen plausiblen Kalkulationen der einzelnen Kulturschaffenden vorgelegt bekommen.

Sie wissen, dass einigen Kulturschaffenden das Wasser bis zum Halse steht.

Sie haben gestern kaltschnäuzig mindestens Einschränkungen im Angebot, wenn nicht gar die Schließungen von Kulturbetrieben beschlossen.

 

Das Wollen und Können wir Grünen nicht hinnehmen und ich versichere ihnen, wir werden so schnell nicht müde, für den Erhalt unserer kulturellen Vielfalt einzutreten.

 

Aber wir wollen das Konstruktiv gestalten: Daher fordern wir Sie auf, sich unseren Überlegungen, wie wir zu einer besseren finanziellen Situation im Kulturbereich kommen können, zu öffnen.

 

Nur immer von Konsolidierung zu sprechen und diese einzufordern, liebe Frau Spruch, wird nicht reichen.

 

Auch die Erweiterung des Kurbeitrags um Abgaben, die speziell für Kultur genutzt werden sollen, jüngst durch Sie eingebracht, und von uns auch mitgetragen, wird nicht reichen.

 

Vergessen Sie dabei aber bitte nicht, welche Probleme Kulturförderabgaben – landläufig auch als „Bettensteuer“ bekannt – in anderen Städten schon verursacht haben. Das Bundesverwaltungsgericht hatte sie nach Klage etlicher Hoteliers zuerst vollständig gekippt, dann wieder eingeschränkt zugelassen. Geschäftliche Aufenthalte dürfen demnach nicht mehr mit Abgaben belegt werden. Damit sinken die abgabenfähigen Übernachtungen auf ein bescheidenes Minimum für den eigentlich sehr starken Tourismusstandort Wiesbaden.

 

Es wird nicht reichen, dass wir uns nur auf die Kurtaxe zu beschränken. Köln, Bingen, Oldenburg, Osnabrück und Mainz sind Beispiele für Kommunen, die erhebliche Probleme mit ihren Kulturförderabgaben haben. Zum Teil haben sie die Abgabe wegen rechtlicher Bedenken auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

 

Und die Erlöse daraus sind auch nicht so wahnsinnig üppig.

Also sind das nicht vielleicht doch zu kleine Karos, die Sie hier zeichnen, liebe KOA?!

 

Mit Blick auf die gegenüberliegende Seite des Schlossplatzes kann man zwar davon ausgehen, dass dies ein plausibler Weg ist:

Wir alle wissen ja, dass eine Erweiterung des Kommunalen Abgabegesetzes zur Möglichkeit eines Tourismusbeitrags für die Städte in der Pipeline ist.

 

Sicher ist unumstritten:

 

Die Beteiligung der Wirtschaftszweige, die am meisten von einer gut aufgestellten Kulturlandschaft profitieren, ist der richtige Weg. Die Umwegrentabilität einer performativen Kulturszene ist nicht zu unterschätzen: Hier haben wir einen immensen Benefit für den Umsatz der Tourismus-, Einzelhandel- und Gastronomiebranche. Nicht nur die Leipziger Studie zeigt, dass diese Effekte für intelligentes Stadtmarketing unerlässlich sind.

 

In der Leipziger Studie wurde neben quantitativ starken Effekten der Kultureinrichtungen auf die Kaufkraft der Stadt ein struktureller Benefit für die Wirtschaft erkannt. Die zunehmende Professionalisierung, Vernetzung und der Kompetenzaufbau aller an der Durchführung von Veranstaltungen beteiligten Unternehmen ist für die Stadtentwicklung nicht zu vernachlässigen.

 

Gewerbeverbände wissen dies und wir meinen, dass sie sich einem freiwilligen Beitrag bereitwilliger und vielleicht auch großzügiger öffnen, als einer Zwangsabgabe.

 

Es ist also an der Zeit, dort hinzugehen, wo Gesprächsbereitschaft vorhanden ist, und nicht mit Zwangsabgaben potentielle Wirtschaftskooperationen zu blockieren. Nach ersten Gesprächen wissen wir, dass unsere Überlegungen auf Resonanz gestoßen sind.

 

Uns schwebt ein Kulturfonds vor, bei dem eine freiwillige Einzahlung der Tourismus-, Einzelhandel- und Tourismusbranche durch den städtischen Haushalt aufgefüllt wird. Warum nicht auf eine Beteiligung der Wirtschaft für diese so wichtige gestalterische Entwicklung setzen? Warum nicht mal etwas Neues wagen? Wir haben mit dem Nürnberger Tourismusfonds ein Vorzeigebeispiel für eine Win-Win-Situation. Die Übernachtungen sind seit der Einführung des Fonds 2010 um 17% gestiegen, das Stadtmarketing profitiert finanziell und ideell in immer stärkerem Maße.

 

So ein Fonds-Modell ermöglicht im Übrigen nicht nur die Beteiligung des ortsansäßigen Gewerbes, sondern auch die Beteiligung unserer Kulturschaffenden.

Und wie sie wissen, halten wir es für unabdingar, die Kulturschaffenden in den Prozess nicht nur mitzunehmen und anzuhören, sondern sie auch aktiv zu beteiligen. Nehmen sie sich den Hauptstadtkulturfonds Berlin als Beispiel. Hier werden in einer Jury aus Kulturschaffenden mit vorsitzender Kuratorin förderungswürdige Projekte und Initiativen gesammelt, die dann einem Ausschuss vorgelegt werden, der über die Vergabe der Mittel jährlich entscheidet.

 

Wir hätten ein Gremium, das partizipativ arbeitet, und gleichzeitig transparent Entscheidungen treffen kann, wer unter welchen Bedingungen welche Unterstützung und Förderung für seine Arbeit erhält.