15. März 2018

Rede von Konstanze Küpper „Cannabis verantwortungsbewusst legalisieren“, in der Stadtverordnetenversammlung am 15. März 2018

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren,

vielleicht sollte es ja so sein, dass wir bisher noch nicht über den „Cannabis Social Club“ diskutieren konnten. Zwischenzeitlich haben wir einen überarbeiteten Antrag der Linken und Piraten vorliegen, den wir GRÜNEN nicht nur voll unterstützen können, sondern der jetzt perfekt in die aktuelle Diskussion passt. Der Bundestag hat sich erst vor wenigen Tagen erneut mit der Legalisierung von Hanf und mit einem Gesetzentwurf der Grünen, dem Cannabiskontrollgesetz, befasst. Mit dem uns heute vorliegenden Antrag hat Wiesbaden die Chance, sich positiv zu einem längst überfälligen Problem zu stellen, das mindestens so alt ist wie es mal die „Ehe für alle“ war: der legalen Abgabe von Cannabis.

Einer, der uns heute zustimmen würde, ist André Schulz, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Er hält das derzeitige Cannabis-Verbot für „nicht zielführend“ und spricht sich für eine „ideologiefreie Diskussion“ neuer Wege aus.[1]

Der vorliegende Antrag skizziert einen solchen neuen Weg. Wir halten die legale, kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene verbunden mit einer Präventionsstrategie für den besten Weg und zwar für alle Seiten:

  • Für die Konsumenten, die den Stoff zu einem vernünftigen Preis aus sicherer Quelle erwerben könnten, aus der Beschaffungskriminalität raus (oder erst gar nicht rein) kommen und deren Gesundheit nicht durch verunreinigtes Cannabis gefährdet würde;
  • für die Sicherheit in unserem Land, wenn wir der organisierten Kriminalität auf den Straßen und im Darknet den Nährboden – sprich die Kunden – entziehen;
  • und wir schaffen Spielräume für Aufklärung und Suchtprävention bei den Konsumenten, die wir derzeit gar nicht erreichen.

Die Bedenken sind trotzdem groß. Daher gehe ich hier auf ein paar hartnäckige Irrtümer ein:

1) Wir sollten einsehen, dass die Politik der Prohibition mit Stigmatisierung, Kriminalisierung und Repression völlig gescheitert ist. Weder hält sie Menschen davon ab, Gras zu probieren, noch sind dadurch Produzenten, Dealer und Begleitkriminalität zurückgegangen.

2) Der Vorwurf, Haschrauchen sei die Einstiegsdroge schlechthin und am Ende landet jeder an der Nadel, ist kausal nicht belegt. Cannabis ist eine Droge wie Nikotin und Alkohol – oder auch Schmerzmittel. Und immer macht es die Dosis. Seit Cannabis durch die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes seit März 2017 sozusagen den Ritterschlag der medizinischen Wirksamkeit bekommen hat, ist der Stoff für viele Schwerkranke ein Segen.

3) Die Gefahren des illegalen Konsums sind weitaus höher als eine legale, kontrollierte Abgabe von Cannabis in reiner Form ohne gefährliche Beimischungen. Wer es nicht glaubt, möge doch einfach mal nach Amsterdam fahren und dort nachempfinden, wir entspannt man dort seit Jahren mit dem Thema umgeht, ohne dass Gesellschaft, Sicherheit und öffentliche Ordnung ins Wanken geraten sind.

4) Schließlich: Laut Bundeskriminalamt gab es 2016 183.000 Verfahren wegen Cannabiskonsum. Wie lange wollen wir unsere Polizei und Staatsanwaltschaften noch in diesen sinnlosen Kleinkrieg schicken, statt das Geld in Prävention, Therapie und Hilfsangebote zu investieren?

Lassen Sie uns gemeinsam einen neuen Weg einschlagen und stimmen Sie bitte diesem Antrag zu.

Herzlichen Dank!

[1]    https://www.taz.de/!5479729/