13. Dezember 2018

Rede von Ronny Maritzen zu „Situation der Landwirtschaft in Wiesbaden“ in der Stadtverordnetenversammlung am 13. Dezember 2018

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Landwirtschaft in Wiesbaden gehört zu den „bedrohten Arten“!

Insofern ist die Weihnachtszeit ein prädestinierter Zeitpunkt, dies näher zu beleuchten. Es geht um die Ziele:

  • Den Erhalt der bäuerlichen Betriebe,
  • die regionale und umweltgerechte Erzeugung und Vermarktung von gesunden Lebensmitteln,
  • die Pflege einer vielfältigen Kulturlandschaft,
  • den Erhalt von Streuobstwiesen und
  • den Schutz der Biodiversität:

all das sind zentrale Anliegen von uns Grünen.

Der vorliegende Antrag soll Fakten liefern und den Dialog für ein Leitbild der Landwirtschaft in Wiesbaden eröffnen. Konkretere Wünsche für eine zukunftsfähige Wiesbadener Landwirtschaft werden im weiteren Verlauf dieser Debatte noch von meiner Kollegin Schuchalter-Eicke beleuchtet. Ich wäre ein schlechter Sachwalter meiner Herzensthemen, schließlich ist Weihnachten, wenn ich nicht den Bogen zum Thema Biosphärenregion schlagen würde, denn dazu liebe Kolleginnen und Kollegen, passt dieser Antrag als Basis ganz hervorragend!

Denn im Rahmen der derzeit laufenden Machbarkeitsstudie wird im Forum „Landnutzung“ gemeinsam mit den Landwirten ausgelotet, welche Vorteile die Biosphärenregion Ihnen bringen kann.

Die Machbarkeitsstudie wird im Format eines Beteiligungs-Projektes erstellt. Das Forum „Landnutzung“ wurde von dem eingesetzten Steuerungskreis, der die Erstellung der Machbarkeitsstudie begleitet, auf Wunsch eben der Land- und Forstwirtschaft zusätzlich zu den anderen Arbeitsgruppen (Natur-und Kulturerbe, Mensch und Wirtschaft, Forschung und Bildung) installiert.

Die Biosphärenregion, die hier bei uns in Wiesbaden und den angrenzenden Kreisen entstehen könnte – und Achtung: Weihnachtswunsch, wenn es nach mir ginge, entstehen wird – sie muss vermittelt und erklärt werden.

Ihren Nutzen, Sinn und Zweck zu verdeutlichen: diese kommunikativen Aufgaben erfordern noch viel Arbeit und Vertiefung.

Was soll das, eine Biosphärenregion? Was ist das eigentlich, eine Biosphärenregion? Die wollen uns doch nur noch weitere Regularien aufzwingen.

Ich kann durchaus Verständnis für diese Haltung entwickeln, aber sie entspricht nicht den Tatsachen.

Ganz wichtig: die Idee der Biosphärenregion beruht auf den Prinzipien Kooperation und Freiwilligkeit. Keinem der 700.000 Bürgerinnen und Bürger der möglichen BSR, also auch nicht den Landwirtinnen und Landwirten, soll hier irgendetwas aufgezwungen werden.

Aber eines ist unabdingbar: wir müssen uns einig sein, dass wir etwas ändern müssen. Wir müssen uns einig sein, dass wir nicht so weitermachen können wie bisher, ohne uns selbst den Ast abzusägen, auf dem wir alle sitzen. Wir müssen uns einig sein, dass wir neue Modelle, neue Verfahrensweisen und einen neuen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen brauchen.

Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann die Idee der Biosphärenregion bei uns greifen und Früchte tragen. Nach der Idee der UNESCO soll die Biosphärenregion eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung  sein. Also eine Region, aus der die Weltgemeinschaft insgesamt Lehren ziehen kann. In diesem Raum der Möglichkeiten und Lösungen sollen Konzepte und Lösungen ausprobiert werden.

Und wir Grünen sehen dabei vor allem die großen Chancen die die Biosphärenregion für die Landwirtschaft bringen kann. Als da wären:

  • das Sicherstellen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Landnutzung in Landwirtschaft und Weinbau in der Metropolenregion ist ein zentraler Baustein und Anliegen des Projekts.
  • Die Biosphärenregion greift den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach regional und umweltgerecht erzeugten Produkten auf. Sie stärkt die Bindung der Kundschaft an die Erzeugerbetriebe.
  • Die Biosphärenregion fördert regionale Betriebe bei der Direktvermarktung unter einer gemeinsamen Dachmarke sowie Kooperationen mit der Gastronomie.
  • Die Biosphärenregion fördert den Tourismus und kann damit weitere Einnahmequellen auch für Landwirtschaftsbetriebe erschließen (Ferienwohnungen, pädagogische Angebote.)
  • Die Biosphärenregion fördert Verständnis und Akzeptanz für die landwirtschaftliche Produktion.
  • Die Biosphärenregion legt besonderes Gewicht auch auf notwendige Infrastrukturmaßnahmen wie Hofläden, Schlachtanlagen oder neue Stallungen.
  • Die Biosphärenregion erleichtert das Einwerben europäischer oder nationaler Fördermittel, insbesondere für die landwirtschaftliche Bodennutzung (zum Beispiel aus Programmen der gemeinsamen Agrarpolitik und der Regionalförderung der EU) damit wiederum können überbetriebliche Konzepte umgesetzt werden, zum Beispiel für Maßnahmen zur Biotopvernetzung und zum Biotopverbund. Stichworte hier: Grünstreifen, Extensivierungsflächen usw. usw.
  • Die Biosphärenregion unterstützt die Weiterentwicklung und Finanzierung von Landschaftspflegemaßnahmen und schafft damit weitere Einnahmequellen für die Landwirtschaft.

Das alles, das möchte ich nochmals ausdrücklich betonen wird als Kooperationsprojekt entwickelt also keinesfalls über die Köpfe der Landwirtinnen und Landwirte hinweg – sondern unter deren Beteiligung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie ganz ganz herzlich ein, sich im Projekt Biosphärenregion einzubringen. Denn ob sich Wiesbaden mit den Nachbarkreisen und Kommunen auf den Weg in eine solche Modellregion zur nachhaltigen Entwicklung macht, wird von uns entschieden, den Bürgerinnen und Bürgern und den politischen Gremien. Machen Sie sich ein Bild – am besten durch die Teilnahme am Beteiligungsprozess.

Ich für meinen Teil bin jedenfalls sehr gespannt, auf die in dem Antrag erbetenen Informationen zur Situation der Landwirtschaft in Wiesbaden und freue mich auf einen weiteren Baustein und fruchtbare Diskussion zum Thema Biosphärenregion.

Schließen möchte ich mit einem Wunsch an uns alle, einer hellen Christnacht. Denn die Bauernregel besagt: „Ist die Christnacht hell und klar, folgt ein höchst gesegnet Jahr.“