30. März 2017

Rede zur Wahl von drei hauptamtlichen Beigeordneten

Rede der Stadtverordneten Christiane Hinninger von Bündnis 90/Die Grünen zu TOPs 4-7 der TO I „Wahl, Einführung und Verpflichtung von drei neuen hauptamtlichen Beigeordneten“, in der Stadtverordnetenversammlung am 30. März 2017

Es gilt das gesprochene Wort

Anrede,

ich freue mich, Ihnen mit Herrn Andreas Kowol einen Kandidaten zur Wahl zum hauptamtlichen Beigeordneten der Landeshauptstadt Wiesbaden vorschlagen zu können, der über eine große kommunalpolitische und Führungserfahrung in der öffentlichen Verwaltung verfügt.

Er ist jemand, der den Menschen zuhört und sie ernst nimmt. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist für ihn selbstverständlich, er ist ein Teamplayer. Er bringt die notwendige Erfahrung in der Rolle eines hauptamtlichen Beigeordneten mit und kennt sich in den künftigen Arbeitsfeldern hervorragend aus.

Seit 2013 arbeitet Andreas Kowol erfolgreich als Dezernent für Umwelt, Klimaschutz, Mobilität und Bauen in Hanau, wo seine Arbeit fraktionsübergreifende Anerkennung erfährt. U.a. bei der Realisierung der Nordmainischen S-Bahn oder der städtebaulichen Aufwertung des Hauptbahnhofes hat er wichtige Impulse für Hanau gesetzt.

Und, meine Damen und Herren, Andras Kowol kennt Wiesbaden und die Wiesbadener Stadtverwaltung bestens aus seiner 16-jährigen Tätigkeit in unterschiedlichen Arbeitsbereichen verschiedener Dezernate der Landeshauptstadt.

Als Stichworte nenne ich hier beispielhaft: Verkehrsentwicklungsplanung, Stadtbahn und Lokale Nahverkehrsgesellschaft. Ebenso Flughafenerweiterung und Fluglärmbekämpfung sowie Umsetzung der Klimaschutzziele, inklusive Bekämpfung des Kohleheizkraftwerkes auf der Ingelheimer Aue.

Anrede,

Andreas Kowol soll – selbstverständlich vorbehaltlich der Zuweisung durch den Herrn Oberbürgermeister – die Zuständigkeit für den Umwelt- und Verkehrsbereich übernehmen.

Sie haben sich selbst durch die Vorstellungsgespräche in Ihren Fraktionssitzungen überzeugen können:

Mit Andreas Kowol empfiehlt die Stadtverordnetenfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen bestens geeigneten, hochkompetenten Kandidaten für den hauptamtlichen Magistrat. Ich bitte Sie unseren Vorschlag zu unterstützen.

Anrede,

heute stehen auch das Amt des Bürgermeisters und eines weiteren hauptamtlichen Beigeordneten auf der Tagesordnung.

Die SPD-Fraktion hat ihren bisherigen Vorsitzenden, Christoph Manjura, nominiert und es wird Sie nicht überraschen, dass die Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen diesen Vorschlag mitträgt. Wir tun dies nicht nur, weil dies der Kooperationsvereinbarung entspricht, sondern auch, weil wir in ihm einen verlässlichen und sachorientierten Partner zur politischen Gestaltung unserer Stadt sehen – mit hoher Kompetenz und der Bereitschaft, im Diskurs zu Entscheidungen zu kommen.

Genauso wenig überraschend ist es, dass wir die Kandidatur von Herrn Dr. Franz zum Bürgermeister unterstützen. Auch hier gibt es – über die geschlossene Vereinbarung hinaus – tragende Argumente für uns. Herr Dr. Franz ist ein erfahrener und hochkompetenter Verwaltungsfachmann, dem wir zutrauen, das Amt des Bürgermeisters gut auszufüllen.

Es ist kein Geheimnis, dass wir mit den Positionen und Entscheidungen sowohl von Herrn Dr. Franz wie auch von Christoph Manjura in der Vergangenheit nicht immer einverstanden waren. Und auch künftig werden wir nicht immer auf Anhieb einer Meinung sein. Da kann auch so nicht sein. Demokratie lebt von unterschiedlichen Auffassungen und Sichtweisen und davon, dass Kompromisse gefunden werden, die die Gesellschaft voran bringen. Wichtig ist dabei, dass die notwendigen Auseinandersetzungen mit offenem Visier geführt werden und sich keiner verbiegen muss. Dafür wollen wir in den nächsten vier Jahren arbeiten.

Anrede,

Sie wissen, diese Kandidaturen erfolgen auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung, die wir Grüne mit SPD und CDU nach intensiven – auch zeitlich intensiven – Gesprächen geschlossen haben. Diese Gespräche waren, das liegt in der Natur der Sache, nicht immer einfach. Stets aber waren sie sachlich und konstruktiv, wofür ich mich auch an dieser Stelle noch mal bei allen Gesprächspartnern bedanken möchte, auch bei denen, die nicht bis zum Ende dabei waren.

Anrede,

die Zusammenarbeit, die wir mittlerweile schon einige Zeit – auch parallel zu den Gesprächen – praktizieren, stellt in gleich zwei Belangen etwas Neues, man kann auch sagen: etwas Besonderes dar.

Nach der Kommunalwahl hat sich die Erkenntnis ausgebreitet, dass es ein einfaches ‚weiter so‘ wie bisher nicht geben kann. Es bedarf vielmehr einer neuen, diskursiveren Art der Politik in unserer Stadt und dies sowohl in den Gremien wie gerade auch in und mit der Bürgerschaft.

Das heißt für die Zusammenarbeit, dass nicht alles und jedes von vorneherein haarklein festgelegt werden kann und vor allem, dass Meinungsbildung und Entscheidungen transparenter und nachvollziehbarer werden.

Dieses Bemühen findet u.a. seinen Ausdruck darin, dass wir eine Kooperation vereinbart haben, keine Koalition.

Natürlich muss auch dabei die politische Zielrichtung erkennbar werden und erkennbar bleiben, muss politisches Handeln auch Orientierung geben.

Die zweite Besonderheit liegt darin, dass es rein arithmetisch nicht der GRÜNEN gebraucht hätte. Dass trotzdem ein Dreier-Bündnis zustande kam, symbolisiert noch einmal, dass es kein ‚weiter so‘ gibt. Wir wollen bei dem Versuch, unsere Stadt in nicht ganz einfachen Zeiten voranzubringen und Antworten auf die Herausforderungen zu geben, die unterschiedlichen Kompetenzen nutzen, die sich in der jeweiligen Ausrichtung der beteiligten Parteien zeigen.

Aus grüner Sicht geht es hier insbesondere um eine Politik konsequenter Nachhaltigkeit.

Dazu gehören:

  • stärkere Bemühungen um die dringend notwendigen Verbesserungen bei der Luftreinhaltung und beim Lärmschutz,
  • konsequente Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes,
  • ein sparsamer Umgang mit den knapper werdenden Flächen bei aller Notwendigkeit zu verstärktem Wohnungsbau,
  • eine deutlich stärker ökologische Ausrichtung der Verkehrspolitik,
  • die Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs, mit besonderem Blick auf die Verkehrssicherheit und die Erweiterung des ÖPNV-Angebotes unserer Stadt durch die City-Bahn.

Anrede,

zu den Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben, zählt auch die Integrationspolitik. Und ich meine hier auch – aber nicht nur – die Hilfen, die uns wichtig sind zur Integration von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund.

Ich meine insbesondere auch die soziale Integration in unsere Stadtgesellschaft. Wir müssen der sozialen Spaltung Einhalt gebieten, mit allen Mitteln, die uns auf kommunaler Ebene zur Verfügung stehen.

Deshalb wollen wir unter dem Leitmotiv ‚Bildung von Anfang an‘ die Einrichtungen der frühkindlichen Bildung weiter ausbauen. Das heißt zusätzliche Plätze in allen Altersstufen und auch Schließung von Angebotslücken, z.B. Gewährleistung der Betreuung bis auf drei Wochen Schließungszeit im Jahr.

Die soziale Infrastruktur wird erhalten und bedarfsgerecht ausgebaut, das Programm „Alle Chancen für…“ zum Abbau herkunftsbedingter Benachteiligung wird fortgeschrieben.

Ausgrenzung findet auch statt, wenn immer mehr Menschen kaum noch eine Chance haben, eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden. Deshalb haben wir das ambitionierte Ziel von 1.200 neugebauten Wohnungen vereinbart, ein Drittel davon preisgebundene Wohnungen.

Anrede,

auch in anderen Handlungsfeldern wollen wir Zeichen setzen. Zum Beispiel sollen die städtischen Beteiligungen neu geordnet werden, erstmals wird es eine Stadtwirtschaftsstrategie geben, die die unterschiedlichen Aktivitäten nach übergeordneten Leitzielen organisiert. Und künftig soll das Prinzip gelten „Eine Aufgabe – eine Gesellschaft“.

Die Entwicklung des Gebietes Ostfeld/Kalkofen soll in einer ausgewogenen Mischung von Wohnen, Arbeiten und Natur zu einem neuen Stadtteil für bis zu 12.000 Menschen führen und neue Arbeitsplätze entstehen lassen.

Einen Punkt möchte ich noch besonders hervorheben: Wir werden einen Kulturbeirat ins Leben rufen, in dem mehrheitlich Kulturschaffende vertreten sind und indem sie auch den Vorsitz führen. Der Beirat soll ein direktes Antragsrecht für den Kulturausschuss erhalten. Von diesem Gremium sowie dem Kulturentwicklungsplan erwarten wir wichtige Impulse für weitere kulturelle Entwicklung in Wiesbaden.

Anrede,

mit den Vereinbarungen dieser Kooperation, mit mehr Offenheit, Transparenz und Bürgerbeteiligung, verbinden wir auch das Ziel, die demokratische Stadtgesellschaft zu stärken.

Gegen Populisten, Vereinfacher und Stimmungsmacher, die Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und autoritäre Politik gesellschaftsfähig machen wollen, setzen wir entschlossen auf die Verteidigung der Demokratie. Gemeinsam mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern, wie beispielsweise denen, die sich auch in Wiesbaden der noch jungen Bewegung ‚Pulse of Europe‘ angeschlossen haben.

Gut und Böse sind nicht entlang von Landesgrenzen zu trennen, und das rückwärtsgewandte Hochziehen von Grenzzäunen löst keine Probleme. Nicht diesseits und nicht jenseits des großen Teichs.

Argumente, Dialog sind unsere Mittel gegen Engstirnigkeit und Egoismus. Ich finde es in diesem Zusammenhang spannend, dass gerade jetzt die Diskussion über eine Partnerschaft mit einer Stadt in den USA wieder intensiver geführt wird.

Anrede,

lassen Sie uns kommunale Politik offen und selbstbewusst auch über den Tellerrand hinaus denken und betreiben.

Vielen Dank.